Historisches Sachsen
Das Portal für die Schlösser, Burgen und historischen Ruinen im Freistaat Sachsen
Röhrsdorf   
 
Allgemeines
 
Information

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Beschreibung
Röhrsdorf ist ein Ortsteil der Stadt Dohna im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Der Ort wurde 1436 erstmals als "Rudigistorff" erwähnt und veränderte mehrfach die Schreibweise seines Ortsnamens. Da der Ortsname Röhrsdorf in Sachsen häufig vorkommt, war es insbesondere erforderlich, ihn schon frühzeitig von gleichnamigen Orten zu unterscheiden. So hieß der Ort 1517 "Kleyn Rursdorf", 1791 "Röhrsdorf, bey Borthen" und 1875 "Röhrsdorf b. Pirna".
Für Röhrsdorf wurde erstmals 1437 ein Vorwerk erwähnt, das zum Rittergut Borthen gehörte. Etwas nördlich der eigentlichen Ortlage entwickelte sich im späten 16. Jahrhundert ein großes Einzelgut, das im Jahr 1696 als schriftsässige Rittergut Röhrsdorf Erwähnung fand. Ursprünglich gehörte der Besitz den Herren von Bernstein. Im 17. Jahrhundert erwarb die Familie von Neidschütz das Rittergut. Das uradlige Geschlecht aus dem Ort Neidschütz bei Naumburg (Saale) war bis ins 19. Jahrhundert in Kursachsen weit verbreitet. Besondere Bedeutung erlangte Magdalena Sibylla von Neitschütz, Tochter des kursächsischen Generalleutnants Rudolph von Neitschütz, die als Mätresse des sächsischen Kurfürsten Johann Georg IV. in kürzester Zeit erheblichen Einfluss am sächsischen Hof sowie zahlreiche Güter, wie das Rittergut Pillnitz, erlangte.
Nach der Familie von Loss wurde die Familie Vitzthum von Eckstädt mit dem Rittergut beliehen. Das weit verzweigte thüringischen Adelsgeschlecht Vitzthum hatte sich im 13. und 14. Jahrhundert in mehrere Linien aufgespalten und stellte mit der gräflichen Linie Vitzthum zu Eckstädt vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert in Sachsen zahlreiche Staatsmänner und Generäle. Besondere Bedeutung erlangte jedoch die Familie von Carlowitz, die 1741 in den Besitz von Röhrsdorf kam und erst durch die Bodenreform 1945 von hier vertrieben wurde. Die zum meißnischen Uradel gehörenden Herren von Carlowitz waren ursprünglich Vasallen der Burggrafen von Dohna und hatten sich in der Markgrafschaft Meißen bzw. im späteren Sachsen stark verbreitet und reichen Grundbesitz erworben. Sie erhielten von ihren Landesherren, aber auch von fremden Fürsten, immer wieder hohe Ämter als Hof- und Staatsbeamte. Auch in Röhrsdorf erweiterten sie ab dem 18. Jahrhundert das Rittergut kontinuierlich. So wurden ab 1771 Schloss und Gut im Auftrag von Georg Heinrich I. von Carlowitz um eine Parkanlage im englischen Stil im Röhrsdorfer Grund erweitert und 1787 das Orangeriegebäude im Schlosspark errichtet. Vor der Orangerie standen die Figuren "Bacchus" und "Flora" des bekannten Dresdner Bildhauers Johann Gottfried Knöffler. Das barocke Orangeriegebäude ist jedoch in der DDR wieder abgerissen und die Figuren sind 2012 in den Park des Guts Gamig umgesetzt worden. Auch als im März 1890 ein Großfeuer weite Teile der Schlossanlage vernichtete, baute der damalige Schlossbesitzer Georg Heinrich V. von Carlowitz das Gebäude in der jetzigen Form wieder auf.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges blieb Schloss Röhrsdorf in Besitz der Familie von Carlowitz. Zunächst von der Roten Armee als Versorgungsgut übernommen, diente das Schloss ab 1948 als Lehrlingswohnheim für die Landwirtschaftsschule des volkseigenen Gutes. Nach der Wende erwarb 1990 ein Investor das Gebäude und baute es zu einem Landhotel um. Das Hotel konnte sich jedoch nicht halten und wurde bald wieder geschlossen. 2008 erwarb ein kanadischer Geschäftsmann das leerstehende Gebäude, das heute von der Künstlerkommunität Schloss Röhrsdorf e.V. genutzt wird. Die Künstlergemeinschaft öffnet das Schloss gelegentlich für Ausstellungen und Veranstaltungen.
Das alte Herrenhaus des Rittergutes ging auf das späte 16. Jahrhundert zurück. Ein spätgotisches Vorhangbogenfenster, eingebaut in die Reste der Gartenmauer an der südöstlichen Ecke des Schlossparks, erinnert an einen Vorgängerbau aus früheren Zeiten. Die heutige unregelmäßige Schlossanlage mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden wurde nach dem Brand 1890 neu errichtet. Sie besteht aus zwei aneinanderstoßenden Baukörpern, wobei das Haupthaus ein dreigeschossiger Rechteckbau mit Walmdach und einem auf der Westseite mittig stehenden viergeschossigen Turm mit geschweifter Haube, Laterne und Wetterfahne ist. Die nördliche Hofeinfahrt trägt ein leicht abgewandeltes Wappen derer von Carlowitz, mit horizontal gespiegeltem Dreifachkleeblatt und dem Großbuchstaben C.

Gartenanlagen


Röhrsdorf war schon sehr früh bekannt für seine Gartenanlagen. Wenngleich die zur Verfügung stehenden Akten kaum verlässliche Aussagen zu den vorhandenen Gärten zulassen, ist doch davon auszugehen, dass um die Gutsanlage herum mehrere Anlagen bestanden haben. Georg Heinrich I. von Carlowitz, der als Liebhaber der Gartenkunst bekannt war, hat sie im späten 18. Jahrhundert gestalten lassen. So bestand nördlich des Schlosses und dem Wirtschaftsgebäude eine erhöht liegende und über einige Stufen zu erreichende Gartenfläche in französischer Gartenkunst. Darüber hinaus werden ein Obst- und Küchengärten, Alleen sowie ein "Krautgarten" genannt.
Eine besondere Bedeutung für das Rittergut stellte der Schlosspark im englischen Landschaftsstil südlich des Schlosses dar. Vor 1771 als Küchengarten genutzt, erfolgte ab 1771 die Umgestaltung zu einem Lust- und Ziergarten. Aus der Gestalt der Überreste dieser herrschaftlichen Parkanlage können trotz Fehlen der ehemaligen Wegeführung immer noch einzelne Teile einer gartenkünstlerischen Gestaltung nachvollzogen werden. So befinden sich neben der künstlichen Ruine im Südosten mehrere Sandsteinsockel, die auf eine Ausgestaltung der Anlage mit Skulpturen hinweisen. Ein aufgefundener Brunnenstein könnte als Quellstein einem Grottenwerk in Form eines künstlichen Felsens zugehörig gewesen sein. Die um 1970 abgerissene Orangerie befand sich im Norden des Parks. Auf sie lief die heutige Hauptstraße von Norden kommend zu.

Röhrsdorfer Grund


Ab dem Jahr 1771 begann Georg Heinrich I. von Carlowitz auch den Röhrsdorfer Grund umzugestalten. Der Park ist auch heute noch nur wenigen Gartenliebhabern bekannt, steht er doch nicht so im Lichte der Öffentlichkeit, wie zum Beispiel der Friedrichsgrund bei Pillnitz oder das Seifersdorfer Tal. Dabei zählt er zu den ersten sächsischen Parkanlagen im englischen Stil und hat gartenbegeisterte Fürsten und Gutsnachbarn, wie Prinz Anton von Sachsen, seine Gattin Maria Theresia Josepha von Österreich oder Fürst Nikolai Putjatin angezogen. Die Anlagen entstanden zu einer Zeit, als sich eine neue Epoche des Naturempfindens in der Gestaltung von Gärten und Parks bemerkbar machte. Dabei stand in den Landschaftsgärten nicht die ursprüngliche, unberührte Natur im Vordergrund, sondern eine Ideallandschaft mit stimmungsvollen Szenerien. Rund um Dresden finden wir zahlreiche solcher Anlagen, wie unter anderem das Lieblingstal bei Dittersbach, die Anlagen am Schlosshang von Kuckuckstein bei Liebstadt, die Tharandter Promenaden, die Anlagen von Maxen und Lungkwitz sowie den Liebethaler Grund.
Leider sind viele dieser Anlagen nach ihrer Blütezeit wieder in Vergessenheit geraten. Maßnahmen, den Verfall und der Zerstörung Einhalt zu gebieten, wurden nicht unternommen. Zudem wurden Parkelemente von Unbekannten entfernt. Auch der Röhrsdorfer Grund erfuhr dieses Schicksal. Nach einer langen Vernachlässigung und Zerstörungen in der DDR-Zeit hat sich nun jedoch der Heimatverein Röhrsdorf e.V. mit dem Arbeitskreis "Röhrsdorfer Grund" ab 2007 die Aufgabe gestellt, diesen Park zu sanieren und den vielen Interessenten von Park- und Gartenanlagen wieder zugänglich zu machen. Zwischenzeitlich konnte das Wegesystem ausgebaut, neue Sandsteinbänke aufgestellt und Denkmäler wieder hergerichtet werden.
Der Zugang zum Röhrsdorfer Grund erfolgt, ausgehend von Schloss Röhrsdorf, über die Schäfereistraße hinter der Brücke rechter Hand zum Eingang im bewaldeten Teil. Ein erster Höhepunkt ist dann der Ausblick vom Steinberg auf Dorf und Schloss Röhrsdorf sowie das Elbsandsteingebirge. Die Wanderung durch den Röhrsdorfer Grund wird anschließend in Richtung Süden fortgesetzt, wo der Weg an einem Teich vorbei aus dem Grund herausführt. Unterwegs passiert man zahlreiche Einzeldenkmale, wie zum Beispiel den so genannten "Antonsplatz", ein von Linden und Felsbrocken umstandener Rundplatz, auf dem König Anton zu Ehren ein Denkmal aufgestellt worden war. Heute ist nur noch die Grundplatte erhalten. Ein weiterer Höhepunkt ist das "Monument der Freundschaft". Der übermannshohe, von einer stilisierten Fackel gekrönte Aufbau zählt zu den frühesten und eindrucksvollsten Gedenksteinen im Röhrsdorfer Grund. Der anschließend folgende schmale Pfad in Serpentinen hangabwärts führt zum "Denkmal für Henriette von Carlowitz" und erinnert an die Gattin des Gutsbesitzers Georg Heinrich von Carlowitz. Neben zahlreichen Ruhebereichen beeindruckt der Talgrund auch mit einem verschlungenen Wegesystem, einer Lindenallee sowie einzelnen gezielt gesetzten Gehölzen.
 
Bildergalerie
Schloss Röhrsdorf
www.historisches-sachsen.net