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Beschreibung
Dittersbach, ein Ortsteil der Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach, liegt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Der Ort wurde während der Zeit des mittelalterlichen Landesausbaus als Waldhufendorf angelegt und 1299 erstmals als Ditterichespach erwähnt. Mit dem Eintrag von Otto Karaz de Diterispach 1350 im Lehnbuch Friedrichs des Strengen erfolgte auch der erste Beleg eines Herrensitzes. 1446 sind ein Sattelhof und Vorwerk im Besitz eines Volczsch von Turgow. 1547 wird erstmals vom Rittergut Dittersbach gesprochen.
Nach der Reformation kam das Kloster Zschillen in Mittelsachsen 1543 in den Besitz des sächsischen Herzogs Moritz, der es umgehend säkularisierte und die Klostergüter zusammen mit der Herrschaft Penig an die Herren von Schönburg gegen die Orte Hohnstein, Wehlen und Lohmen in der Sächsischen Schweiz eintauschte. So gelangte auch Dittersbach an das kurfürstliche Haus. Kurfürst August wiederum übergab Dittersbach mit den damit verbundenen Dörfern Eschdorf, Wünschendorf und Bonnewitz 11 Jahre später an den sächsische Kanzler und gelehrten Rat Dr. Hieronymus Kiesewetter. Kiesewetter ließ auf den Mauern der alten Wasserburg zwischen 1555 und 1563 das Dittersbacher Renaissanceschloss erbauen. Nach Alexander von Miltitz, der 1684 Herr auf Dittersbach wurde, fanden häufige Besitzerwechsel statt. Erst mit der Belehnung von Johann Gottlob von Quandt 1830 erlebte Dittersbach wieder eine gewisse Kontinuität und einen erheblichen Aufschwung.
Der 1820 in den Adelsstand erhobene Kunsthistoriker und Kunstmäzen Johann Gottlob von Quandt entstammt einer im Raum Leipzig ansässigen Kaufmannsfamilie und verlebte seine Kindheit auf dem Gut Wachau in der Nähe von Leipzig. Quandt genoss dort eine hervorragende Bildung und erhielt Unterricht in der Ölmalerei, in Architektur und Gartenkunst. Dabei kam er auch mit zahlreichen bedeutenden Persönlichkeiten seiner Zeit in Kontakt, u.a. mit Johann Wolfgang von Goethe und den Malern Julius Schnorr von Carolsfeld und Carl Christian Vogel von Vogelstein. Quandt ließ sich 1819 in Dresden nieder und übernahm 1826 den Vorsitz der Sektion Malerei und Bildhauerkunst im "Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer". Von 1828 bis 1833 war Quandt Vorsitzender des Sächsischen Kunstvereins und zudem Ehrenmitglied der Königlichen Akademien zu Berlin und München. Auch privat war Quandt der Kunst verpflichtet. Er sammelte Gemälde und Kupferstiche, förderte junge Künstler und hielt Vorträge. Auf Grund seines nicht geringen Vermögens, das er von seinem Vater geerbt hatte, konnte er sich ein von der Kunst bestimmtes Leben leisten. Auch Dittersbach machte er zu einem Ort der Künste. Zahlreiche Maler und Musiker, Dichter und Philosophen, wie Gottfried Semper, Richard Wagner, Ernst Ferdinand Oehme oder Ernst Rietschel, waren in Dittersbach zu Gast. Unter diesem Aspekt richtete er sich auch auf seinem neu erworbenen Schloss ein.
Schloss und Rittergut Dittersbach liegen in einer wasserreichen Tallandschaft und sind vom Schullwitzbach und der Wesenitz umgeben. Südlich des Schlosses verläuft ein teichartiger Wassergraben. Das bereits im 16. Jahrhundert anstelle einer alten Wasserburg errichtete Schloss erhielt durch Quandt sein heutiges Aussehen. Auf einem H-förmigen Grundriss finden wir einen dreigeschossigen Mittelbau, dem auf der nördlichen Hofseite in der Mittelachse eine Terrasse mit Freitreppe vorgelegt ist. Die Freitreppe erstreckt sich über den gesamten Mittelteil und führt zum zentralen Eingangsportal. Über der Tür befindet sich ein Dreiecksgiebelaufsatz mit einer ornamentalen Kartusche und Monogramm. Das nur flach geneigte Walmdach des Schlosses trägt auf dem Hauptgebäude einen achteckigen Dachreiter mit geschweifter Haube. Dieser geht, wie auch die Erker und Dachaufbauten im Neorenaissancestil, auf den Fabrikanten und späteren Besitzer Friedrich Ludwig Leuschner zurück, der 1885/86 Umbauten am Schloss vornahm. Mehrere Wirtschaftsgebäude, die von Quandt erneuert wurden, sowie ein von Quandt errichtetes Torhaus umgeben das Areal.
Auf der südlichen Gartenseite bilden zwei niedrige Flügel einen Hof. Zwischen ihnen liegt eine früher mit Blumen und Orangeriebäumen geschmückte Terrasse, von welcher eine sechzehn Stufen hohe Treppe an den kleinen Schlossteich führt. Von hieraus konnten die Schlossbewohner über eine Brücke den Park erreichen. Unmittelbar hinter dem Schloss legte der Dresdner Architekturprofessor Joseph Thürmer 1830-32 einen englischen Landschaftspark an, der sich einen Hang des Wesenitztales hinaufzieht. Von den einst zahlreichen Kunstwerken im Park, wie die Venus von Capua, den knienden Niobiden oder den Apollon, sind nur noch eine Diana und ein Tempel erhalten geblieben.
Das Lieblingstal
Quandt, der ein Leben in schöner Landschaft führen wollte, fand auch in der Umgebung von Dittersbach genügend gestalterische Möglichkeiten. So ist heute der mit Denkmälern gestaltete Weg am nahen Schullwitzbach Teil einer fünf bis sieben Kilometer lange Wanderung vom Schloss über das Schullwitzbachtal, die "Schöne Höhe" und zurück über das Wesenitztal nach Dittersbach. Jahrelanger Verfall und mangelndes öffentliches Interesse ließen das romantische "Lieblingstal" am Schullwitzbach, das sich nicht hinter dem Pillnitzer Friedrichsgrund, dem Seifersdorfer Tal oder dem Röhrsdorfer Grund verstecken muss, fast in Vergessenheit geraten. Doch das engagierte Interesse des Quandt-Vereins Dittersbach führte ab 2005 zur Neugestaltung der Wege und Wiedererrichtung der Denkmäler. Der Weg entlang des Schullwitzbaches tangiert die Hubertuskapelle, das König-Anton-Denkmal und die Konstitutionssäule. Über die Teufelsbrücke wird das "Lieblingstal" wieder verlassen und die Wanderung kann über den Kaiserstuhl und die Zwergenhöhle - ggf. auch unter Einbeziehung des Drei-Kastanien-Sees - zur "Schönen Höhe" fortgesetzt werden.
Belvedere "Schöne Höhe"
Das Belvedere auf der "Schönen Höhe" geht ebenfalls auf Joseph Thürmer zurück. Das Turmschlösschen erinnert mit seinen zinnenbekrönten Ecktürmen an ein kleines wehrhaftes Kastell, diente dem Schlossherrn Quandt aber als Platz für seine starke Verehrung von Johann Wolfgang von Goethe. Quandt träumte lange davon, dem von ihm hochgeschätzten Dichter ein Denkmal zu setzen und konnte es hier verwirklichen. Bei der Grundsteinlegung des Turmes 1831 ließ er deshalb auch einen Brief von Johann Wolfgang von Goethe einmauern, in dem sich dieser nach dem Zustand der Quandtschen Besitzungen erkundigte, da er annahm, sie seien im Zuge der Unruhen um 1830 zu Schaden gekommen. Genau zwei Jahre nach der Grundsteinlegung wurde das Belvedere eingeweiht. Den Gartensaal im Erdgeschoss malte der spätere Professor an der Kunstakademie Carl Gottlieb Peschel im den Jahren 1836 - 1838 mit Fresken zu Goethes Balladen "Der Sänger", "Der Fischer", "Der König von Thule", "Erlkönig", "Geistergruß" sowie zum "Märchen von der grünen Schlange" des Weimarer Dichters aus. Zusammen mit den aufgemalten roten Vorhängen und den rundbogigen Fenstern lassen die Wandmalereien die gewünschte romantische Stimmung aufkommen. Darüber hinaus bietet die Aussichtsplattform des Turmes auf einer Höhe von 328 Metern einen herrlichen Blick in das Osterzgebirge, die Sächsische und Teile der Böhmischen Schweiz, die Randlagen Dresdens und auf Städte wie Pirna und Heidenau.
Mit Quandts Tod 1859 erfuhr Dittersbach jedoch einen wirtschaftlichen Niedergang. Die Kunstsammlung wurde 1868 verkauft; das Schloss und das Rittergut gingen 1883 an den Fabrikant Friedrich Ludwig Leuschner aus Glauchau. Leuschner setzt dem Schloss 1885/86 noch Giebelaufbauten und den Dachreiter auf, doch 1925 sind das Rittergut Dittersbach und der Turm auf der "Schönen Höhe" von den Nachfahren des letzten privaten Besitzers an die Stadt Dresden verkauft worden. Das Schloss wurde Erholungsheim, später Lehrlingswohnheim der LPG; das Belvedere diente einem Kinderferienlager und verwahrloste. Nachdem das Belvedere zwölf Jahre wegen Baufälligkeit geschlossen war, begannen 1984 die Arbeiten zur Wiederbegehbarmachung des Turmes durch den Einbau einer neuen Treppe und 1987 konnte der Turm aus Anlass des 200. Geburtstages von Quandt als Aussichtspunkt wieder eröffnet werden. Schloss und Belvedere wurden 1993 an die Stadt Dresden rückübertragen und der Turm 1987 von der Gemeinde Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach erworben. Die Fresken im Gartensaal des Belvedere sind zwischen 1999 und 2001 mit erheblichem Aufwand restauriert worden, so dass das Belvedere heute wieder als kultureller Veranstaltungstreffpunkt zur Verfügung steht. Auch für das Schloss zeichnet sich eine neue Nutzung ab. Gegenwärtig finden dort Sanierungsarbeiten statt.
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Bildergalerie |
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Schloss Dittersbach |
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Belvedere "Schöne Höhe" |
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