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Beschreibung
Das Kirnitzschtal ist reich an sogenannten Burgstätten. Im Verlauf dieses Flusses gibt es mehr als zehn ehemalige Burgen, deren Erbauer weitgehend im Dunkeln liegen. So eine hohe Anzahl ist einzigartig und wirft Fragen nach ihrem tatsächlichen Status als Burg auf, zumal größere Dörfer und Städte in der Umgebung fehlen.
Die Burgenbauer des Mittelalters nutzten die natürlichen Gegebenheiten des Elbsandsteingebirges aus. Damit war der Burgenbau relativ einfach zu handhaben: Man brauchte nur die Zugänge zu den Felsstöcken abzusichern und zwischen ihnen - zur besseren Beweglichkeit der Burgbesatzung - Wehrgänge aus Holz einzufügen. Wenige Männer reichten aus, um den Zugang zu verteidigen.
Viele der Burgen wurden im 15. Jahrhundert aufgegeben, die wenigen Mauern häufig zerstört. Holzbauten verrotteten. Doch wenn man heute bei einer Wanderung genauer hinsieht, lassen sich immer noch Spuren einstiger Besiedlung entdecken: In den Stein gehauene Treppenstufen, Balkenauflager und Wassersammelstellen zeugen von dem Leben auf den Steinen.
Lange Zeit ging man davon aus, dass Anfang des 15. Jahrhunderts im Kirnitzschtal eine belebte Handelsstraße von Schandau nach Zittau unter dem Winterstein und weiteren Burgen entlang führte. Neuere Untersuchungen lassen diese Behauptung jedoch in einem anderen Licht erscheinen und die These anzweifeln. Wenngleich es zu und zwischen den Burgstätten Wege gab, konnten die Burgbewohner allein von ihrem Zoll jedoch nicht leben. Die Vielzahl der einstmals im Kirnitzschtal vorhandenen Burgstätten muss also einem anderen Zweck gedient haben. Aus welchem Anlass diese gebaut wurden und welchen Zweck sie einst hatten, ist aber nach wie vor unklar.
Im Reigen der Burgen nahm der Winterstein jedoch eine zentrale Stellung ein. Als erster in dieser Umgebung wird er schon 1379 in einer Urkunde genannt, als er im Zubehör des Burgbezirks Pirna, jedoch als selbständiger Pfandbesitz, von König Wenzel IV. an Thimo von Colditz verpfändet wurden. Erst 12 Jahre später erklärte König Wenzel, dass er die verpfändeten Gebiete wieder eingelöst habe. 1396 erfolgte eine neuerliche Verpfändung der Burgen Königstein und Lilienstein an König Wenzels Kammermeister Burkhard Strnad von Janowitz. Wenngleich der Winterstein hierbei nicht mehr explizit genannt wurde, kann man ihn als Zubehör voraussetzen. Wenige Jahre später gelangte der Winterstein zusammen mit Pirna und dem Königstein an Sachsen. Von 1406-1408 lag auf der Burg eine markgräflich-meißnische Besatzung unter dem Hauptmann von Techerwitz. Unklar ist, ob dem Winterstein in der folgenden Zeit noch eine bedeutende Wächterfunktion zugeordnet werden kann. Wie es scheint, hat der Winterstein mit dem Verlassen der meißnischen Besatzung 1408 als Burg wohl aufgehört zu existieren. Spätestens mit der Herrschaft Wildenstein kam 1451 auch der herrenlose Felsen endgültig zu Sachsen und wurde Teil des Amtes Hohnstein.
Der Winterstein (390 m), auch als "Hinteres Raubschloss" bezeichnet, bildete eine böhmisch-königliche Grundherrschaftsburg mit zugehörigen Dörfern, aus deren regelmäßigen Einnahmen die Burg ausgebaut werden konnte. Zum Ausbau mit Zisternen, Bauwerken und Steiganlagen waren eine lange Zeit sowie regelmäßige Einnahmen erforderlich. Fraglich ist, warum die Anlage so versteckt errichtet wurde. Andere Standorte, wie der Schandauer Schlossberg, wären wegen ihrer Zugänglichkeit und ihrer Nähe zur Elbe sicher sinnvoller gewesen. Letztlich kann darauf heute niemand mehr eine Antwort geben.
Von der alten Burganlage sind noch reichhaltige Spuren, wie Steinstufen, Falze, Mauerreste, ein Höhlengemach mit Steinbänken und Rauchabzug sowie eine Zisterne vorhanden. Aus ihnen kann rekonstruiert werden, wie die Burg während ihrer kurzen Nutzungszeit ausgesehen haben könnte: Nach dem Passieren des unteren Felsentors erreichte man den Vorburgbereich. Eine große Höhle - in mehrere Etagen aufgeteilt - diente sowohl Wohn- aus auch Lagerzwecken. Hölzerne Leitern führten von ihr zur Oberburg auf dem Plateau. Die wenigen Befestigungen und Gebäude bestanden aus Holz. Nur ein Turm auf dem Plateau war in Steinbauweise ausgeführt.
Der Aufstieg zum Winterstein ist mühsam. Zum Besichtigen der Überreste sollte man schwindelfrei sein und über ausreichende Kletterkünste verfügen, denn die Anlage ist nur über sehr steile Steinstufen, schmale Eisenleitern und enge Felsspalten zu erreichen. Auf dem Plateau angekommen wird man jedoch durch ein außergewöhnliches Panorama des Nationalparks "Sächsische Schweiz" belohnt, das zu den schönsten in diesem Wandergebiet zählt. Die Große Zschandstraße und der Neue Wildenstein sind von hier gut zu erkennen.
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Bildergalerie |
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Hinteres Raubschloss (Winterstein) |
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